Immer wieder stellt sich sowohl beim Unterhaltsberechtigten, als auch beim Unterhaltsverpflichteten die Frage, was eigentlich im Kindesunterhalt enthalten ist. Ich will mich daher dieser Frage mal etwas ausführlicher widmen.
Zunächst einmal ist klarzustellen, dass der Kindesunterhalt nicht zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern unterscheidet. Zu unterscheiden ist des Weiteren der Unterhalt für minderjährige und volljährige Kinder. Um den Rahmen nicht zu sprengen und die Verwirrung komplett zu machen, beschränke ich mich in diesem Beitrag nur auf den Minderjährigenunterhalt. Der Elternteil, der das minderjährige Kind nicht persönlich überwiegend betreut, ist barunterhaltspflichtig, d.h. muss Zahlungen leisten. Der andere Elternteil kommt seiner Unterhaltspflicht durch die Betreuung nach (sogenannter Naturalunterhalt).
Die Höhe des Unterhaltes, d.h. die Bemessung des Barunterhaltes richtet sich nach der Lebensstellung des Kindes. Diese Lebensstellung leitet das Kind wiederum von den Eltern ab, so dass beim Minderjährigenunterhalt für die Höhe des Unterhaltes die Einkommensverhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils maßgebend sind.
In der Gerichtspraxis wird zur Bemessung des Unterhaltes eigentlich immer die Düsseldorfer Tabelle herangezogen, wonach der Unterhalt sich an dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen und dem Alter des Kindes orientiert. Von dem Tabellenbetrag ist das vom betreuenden Elternteil bezogene Kindergeld zur Hälfte in Abzug zu bringen, so dass sich dann der Zahlbetrag ergibt. Die Düsseldorfer Tabelle ist für zwei Unterhaltsberechtigte zugeschnitten. Ist nur ein Unterhaltsberechtigter vorhanden, so erfolgt eine Höherstufung bei der Einkommengruppe. Sind mehr als zwei Unterhaltsberechtigte vorhanden, erfolgt eine Herabstufung der Einkommensgruppe, so dass sich der Zahlbetrag verringert.
Der Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind (d.h. nach der ersten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle) sollte immer sichergestellt werden, es gelten dabei strenge Anforderungen an die Leistungsfähigkeit, insbesondere besteht eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen.
Die Leitlinien der jeweiligen Oberlandesgerichte stellen dabei Regeln auf, wie der Unterhalt zu berechnen ist. Im sogenannten Tabellenbetrag ist enthalten der allgemeine Unterhaltsbedarf, d.h. Kosten für Nahrung, Wohnung, Ferien sowie Taschengeld. Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind sind nicht enthalten, wenn das Kind nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist.
Verfügt das minderjährige Kind über eigenes Einkommen, weil es z.B. eine Ausbildungsvergütung erhält, so wird dieses Einkommen beim Kindesunterhalt nur zur Hälfte in Anzug gebracht.
Was ist also nicht im Allgemeinen Tabellenbedarf enthalten? Hier kommen der Mehrbedarf und der Sonderbedarf ins Spiel.
Beim Mehrbedarf handelt es sich um einen Ausgabenbedarf, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er mit dem Tabellenunterhalt nicht erfasst werden kann, aber kalkulierbar ist und deshalb berücksichtigt werden kann. Als Beispiel ist sind z.B. die Mehrkosten für ein krankes oder behindertes Kind zu nennen oder der Besuch einer Privatschule, eines Internates oder Nachhilfekosten. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshof sind auch die Kindergartenkosten Mehrbedarf, da sie der Erziehung des Kindes dienen. Mehrbedarf können dabei nur die Gebühren des Kindergartens sein, das Essensgeld bzw. Verpflegungsgeld ist im Tabellenbedarf der Düsseldorfer Tabelle enthalten.
Anders sieht es allerdings mit den Kosten aus, die der Betreuung des Kindes z.B. in einer Kinderkrippe oder Nachmittagsbetreuung dienen und die Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils ermöglichen sollen. Diese Kosten sind ausschließlich Kosten des Elternteils, die er bei der Berechnung des Ehegattenunterhaltes in Anzug bringen kann, nicht aber beim Bedarf des Kindes.
Ein zusätzlicher Mehrbedarf zum Tabellenunterhalt ist also zu zahlen, wenn es sich um vorhersehbare, regelmäßig anfallende Mehraufwendungen handelt und die Kosten im Interesse des Kindes berechtigt sind. Der Gesamtunterhaltsanspruch besteht dann aus der Summe von Regelbedarf nach der Düsseldorfer Tabelle und Mehrbedarf. Die Beteiligung am Mehrbedarf ist dabei in Form einer Quote nach dem Einkommen beider Elternteile zu berechnen.
Davon zu unterscheiden ist der Sonderbedarf, der im Gegensatz zum Regelbedarf und Mehrbedarf einen unregelmäßigen, außerordentlich hohen Bedarf darstellt, der nicht auf Dauer besteht und es daher zu einem einmaligen Ausgleich kommen kann. Sonderbedarf muss überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar sein. Außergewöhnlich hoch ist ein Bedarf dann, wenn es dem Unterhaltsberechtigten bei einer Gesamtbetrachtung nicht zugemutet werden kann, den Bedarf selbst aus dem laufenden Unterhalt zu bestreiten. Typischer Sonderbedarf sind z.B. die Zahnspange, Operationskosten, soweit sie nicht von der Krankenversicherung getragen werden, Umzugskosten, Säuglingserstausstattung, Klassenfahrt. Unregelmäßiger hoher Bedarf, der vorhersehbar ist, z.B. für Unterrichtsmaterialen ist kein Sonderbedarf, sondern im Tabellenunterhalt enthalten. Zu beachten ist, dass der Anspruch auf Sonderbedarf innerhalb von einem Jahr nach der Entstehung geltend zu machen ist.
albrecht.von.hagen@gmai.com
8. März 2016 at 18:41
ich zahle freiwillig mehr kindes unterhalt, als die düsseldorfer tabelle nennt. den mehrbetrag möchte ich auf ein konto des kindes einzahlen und der mutter auferlegen, dass sie für den betrag mir extra unterhalts-belege vorlegen muss, bevor aus dem konto gezahlt wird.. was agt die rechtsprechung dazu??
danke im voraus
avh
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
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PD
Ein Fehler ist hier leider drin: Der BGH sieht die gesamten Kita-Kosten als Mehrbedarf an, nicht nur den Teil, der über den halben Tag hinausgeht (BGH, 26.11.2008, XII ZR 65/07).
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
Sie haben natürlich vollkommen recht, da ist mir ein kleiner Fehler unterlaufen und ich habe es korrigiert. Vielen Dank für den Hinweis! Gut, wenn man so aufmerksame Leser hat.
Giesche
der Freund meines Kindes ist der Meinung, dass alle Kosten vom Kindergeld bezahlt werden sollen und weigert sich deshalb Unterhaltskosten zu zahlen. Kind geht jetzt in die Krippe.
Er hat Vaterschaft anerkannt die Höhe der Unterhaltszahlung wurde dabei festgelegt.
Was mus vom Kindergeld alles bezahlt werden und was vom Unterhalt
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
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Patrick Interwies
Hallo, möchte das halbe sorgerecht für meine Tochter die 10 ist haben. Zahle Unterhalt und wollte wissen ob mit dem halben sorgerecht auch mehr kosten auf mich zukommen. Meine ex Freundinnen, behauptet ich muß dann trotz unterhalt Zahlung noch die Hälfte aller anderen kosten zahlen, stimmt das?
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
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E. Horstmann
Ist bei einer Trainingslagerfahrt der Essengeldanteil Mehrbedarf?
Mein Sohn fährt in ein Trainingslager. Nun will sein Vater nur anteilig die Unterkunft und Fahrtkosten übernehmen, nicht jedoch den Essengeldanteil.
Ist das rechtens? Er beruft sich auf die am 1.1.17 vom OLG Dredsen veröffentlichten Unterhaltsleitlinien Punkt 12.4., nach denen Kitakosten Mehrbedarf sind, nicht jedoch das Essengeld.
Über Ihre Antwort würde ich mich sehr freuen und bedanke mich bereits im Voraus
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
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M.Fromm
Laut dem Jugendamt/ Beistandschaft ist Klassenfahrt kein Mehr- oder Sonderbedarf, da es längerfristig planbar ist. Wie aktuell ist ihre Seite im allgemeinen? Und können Sie aktuelle Informationen einfügen?
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
Die Seite wird eigentlich sehr aktuell gehalten. Und nach der überwiegenden Rechtsprechung wird eine Klassenfahrt als Sonderbedarf gesehen.
D.O.
Guten Tag, unser Sohn, für den wir gemeinsames Sorgerecht haben, möchte ab September eine Ausbildung an einer Privatschule absolvieren. Wir sind seit 14 Jahren getrennt, der Sohn lebt bei mir. Ich lebe allein, der Vater seit 12 Jahren in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Unterhalt und Kindergelt wurden REGELMÄßIG an mich gezahlt. Wie verhält es sich jetzt mit der Zahlung des Schulgeldes/ Unterkunft/ Fahrkosten für die Ausbildung in einer Stadt, ca 150km entfernt von seinem /unserem jetzigen Wohnort? Kann ich Unterstützung erwarten neben den Unterhaltszahlungen? Die Verpflegung ect.pp wird weiterhin von mir unternommen. Vielen Dank im Voraus.
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
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theresia
Hallo,meine Tochter ist im Mädchenwohnheim,das Jugendamt hat das Kindergeld sowie Unterhalt vom Vater.Wen aber meine Tochter was braucht schieben die einen auf die anderen,wie geht das??Und ich muß von meinem satz ihr was hollen ??Das Jugendamt sagt mir nicht Tranzprent wie sich die Sätze sind und das Internat auch.Wo kan ich mir rat hollen.Danke im Vorraus
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
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Schnipsel1708
Hallo, ich habe für meine Tochter eine Zahnzusatzversicherung abgeschlossen. Die Beiträge bezahle ich alleine. Nun benötigt sie eine Zahnspange, die lt. Kostenvoranschlag ca. 4.400,- EUR kosten wird. Die Zusatzversicherung würde 1.500,- EUR an mich erstatten. Ihr Vater zahlt den Kindesunterhalt regelmäßig. Befindet sich allerdings derzeit in der Privatinsolvenz. Die Zahnspange zählt ja zum Sonderbedarf. Hat ihr Vater sich an den 4.400,- EUR oder an den 2.900,- EUR (Kosten – Erstattung durch die Zusatzversicherung) zu beteiligen? Danke im Voraus
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
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Maey
Hallo, angenommen man richtet sich nach der Rechtsprechung dann warte ja eine Klassenfahrt eben kein sonderbedarf weil sie ja schreiben es muss unvorhersehbar und außergewöhnlich hoch im Betrag sein. Klassenfahrten werden meist schon mit dem ersten Elternabend, aber auch bereits mindestens sechs Monate vor Antritt der Reise durch die Lehrer n die Eltern bekanntgegeben, damit sie alle darauf sparen können. Somit zählt das ja nicht mehr als unvorhergesehen oder? Denn aus dem Unterhalt könnte ein Betrag von beispielsweise 50 Euro im Monat (25 durch Kindesunterhalt und 25 durch die Mutter die sich ja beteiligen muss) angespart und somit auch zugemutet werden oder?
Pinar Akyürek-Röscheisen Autor
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