Gibt man bei Google den Begriff „Scheidung“ ein, erscheinen unzählige Anzeigen für sogenannte „Online-Scheidungen“. Ich persönlich finde bereits den Begriff etwas ärgerlich, da irreführend, suggeriert er schließlich, dass die Scheidung „online“ durchgeführt werden könne, was tatsächlich nicht der Fall ist.

Was sind also diese Online-Scheidungen? Wo liegen die Vorteile, wenn es denn welche gibt?

Vorneweg zur Klarstellung: eine Scheidung ist nicht online möglich! Eine Scheidung wird immer – ohne Ausnahme – durch ein Gericht ausgesprochen. Das Einzige, was bei „Online-Scheidungen“ tatsächlich virtuell abläuft, ist der Kontakt zwischen Anwalt und Mandant.

Ich habe bereits in einem anderen Beitrag den Ablauf des Scheidungsverfahrens dargestellt. Von diesem Ablauf gibt es keine Abweichungen. Es muss immer der Scheidungsantrag durch einen Anwalt bei Gericht eingereicht werden und es findet immer die persönliche Anhörung der Eheleute bei Gericht statt. Nur in extremen Ausnahmefällen (wenn z.B. ein Ehegatte nicht auffindbar ist oder nicht zum Termin anreisen kann), kann von dieser persönlichen Anhörung abgesehen werden. Online läuft da also erstmal gar nichts ab.

Auch die Geschwindigkeit des Verfahrens liegt ausschließlich in der Hand des Gerichts, in den seltensten Fällen hat der Anwalt – ob nun online oder nicht – die Dauer des Scheidungsverfahrens in der Hand. Auch wird ein Scheidungsantrag nicht als „Online-Scheidungsantrag“ bezeichnet, weil das Gesetz diese Form des Verfahrens schlicht und ergreifend nicht kennt.

Ohnehin ist festzustellen, dass die „Online-Scheidung“ nur  bei einvernehmlichen Scheidungen zur Anwendung kommt. Bei streitigen Auseinandersetzungen wird der persönliche Kontakt zwischen Anwalt und Mandant mit in der Regel mehreren Besprechungen unumgänglich sein.

Nun ist die gerichtliche Verfahrensdauer bei einvernehmlichen Scheidung ohnehin überschaubar und hängt individuell von der Emsigkeit der Richter und deren Geschäftsstellen ab. Die Gesamtdauer eines solchen Scheidungsverfahrens, in dem bereits alle Punkte geklärt sind variiert zwischen zwei und sechs Monaten (je nachdem, ob der Versorgungsausgleich durchgeführt wird oder nicht). Das Versprechen, mit der „Online-Scheidung“ könne das Verfahren schneller beendet werden, geht also ins Leere, da das Gericht bei einem Verfahren, das der Anwalt als „Online-Scheidung“ betitelt keine besondere Eile walten lässt.

Aber wie steht es mit dem vielfach angebrachten Argument der Kosten? Meist wird damit geworben, die „Online-Scheidung“ sei günstiger. Die Kosten des Scheidungsverfahrens sind im Gesetz geregelt, nämlich für die Anwaltsgebühren im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und für die Gerichtskosten im Gerichtskostengesetz (GKG). Sehen wir uns die Kosten mal etwas genauer an:

Bei Einreichung des Scheidungsantrages ist aus dem Verfahrenswert (dem dreifachen Nettoeinkommen beider Ehegatten abzüglich Kinderfreibeträge) der Gerichtskostenvorschuß in Höhe von zwei Gerichtsgebühren einzuzahlen. Die Festlegung des Verfahrenswertes liegt dabei ausschließlich in der Hand des Gerichts. Für das Führen des Verfahrens erhält der Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr aus dem Verfahrenswert und für die Teilnahme am Gerichtstermin eine Terminsgebühr. Sind sich die Ehegatten über alles einig, kann das zu einer Reduzierung der Gerichtsgebühren führen. Diese Kosten fallen immer an, auch bei einer „Online-Scheidung“.

Es ist kein Geheimnis, dass eine Scheidung grundsätzlich kein billiges Unterfangen ist, allerdings sind die Kosten natürlich deutlich geringer, wenn man sich einvernehmlich trennt und nicht streitet. Billiger wird es also mit einer „Online-Scheidung“ auch nicht. Der Anwalt hat zwar immer die Möglichkeit, durch eine Vergütungsvereinbarung die Kosten transparent zu halten, allerdings bedarf es hierzu keiner irgendwie gearteten „Online-Verfahren“. Das heißt, die „Online-Scheidung“ kostet genau das gleiche wie eine herkömmliche Scheidung. Die Ersparnis bei einer „Online-Scheidung“ liegt ausschließlich auf Seiten des Anwalts zu suchen, der sich das persönliche Erstberatungsgespräch spart, indem ihm der Mandant durch Ausfüllen des Onlineformulars die Arbeit abnimmt.

Im Ergebnis ist das Einzige, das man sich bei der „Online-Scheidung“ spart, der persönliche Kontakt zum Rechtsanwalt, da die gesamte Korrespondenz via Internet bzw. E-Mail abläuft und in der Regel kein Erstberatungsgespräch stattfindet. Es mag jedem selbst überlassen sein, ob er diesen persönlichen Kontakt scheut, ich persönlich halte zumindest ein persönliches Gespräch durchaus für sinnvoll, schließlich geht es um eine recht persönliche Angelegenheit. Allerdings kommt es durchaus auch vor, dass alle Modalitäten per Telefon geregelt werden können und Formulare wie Vollmachten oder Ähnliches via E-Mail oder Fax ausgetauscht werden.

Meistens werben die Kanzleien bei den „Online-Scheidungen“ damit, dass sie in ganz Deutschland vertreten. Es wird dabei mit einer Selbstverständlichkeit geworben, denn ein in Deutschland zugelassener Anwalt kann vor jedem deutschen Amtsgericht auftreten. Allerdings ist bei einem Scheidungsverfahren in der Regel das Amtsgericht der Stadt zuständig, in der die Ehegatten wohnen. Beauftragt man nun einen „Online-Anwalt“ aus einer anderen Stadt, muss dieser entweder selbst anreisen oder einen Kollegen vor Ort mit der Vertretung beauftragen. Im Zweifel entstehen dadurch zusätzliche Kosten.

Eine Online-Scheidung gibt es der Begrifflichkeit nach nicht und auch die viel gepriesenen Vorteile sind schlicht und ergreifend nicht existent. Aus meiner Sicht hat der Mandant mehr davon, wenn sich der Anwalt Zeit für ein persönliches Gespräch nimmt und alle Fragen beantwortet und den Ablauf des Verfahrens erklärt. Zusätzliche Kosten entstehen dafür nicht. Man sollte sich also bei so manchem Angebot von zweifelhafter Seriosität nicht durch die Werbung mit Selbstverständlichkeiten in die Irre leiten lassen.