Das Oberlandesgericht München hat kürzlich eine interessante Entscheidung zum Zugewinnausgleich veröffentlicht in einer Konstellation, in welcher die Ehegatten schon sehr lange getrennt lebten.

Zur Erinnerung: beim Zugewinnausgleich wird der Zugewinn in der Ehe ausgeglichen,d.h. derjenige Ehegatte, der im Laufe der Ehe mehr Vermögen erworben hat, muss dem anderen einen Ausgleich leisten. Dabei sind zwei Zeitpunkte (Stichtage) entscheidend, nämlich der Tag der Eheschließung und der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages.

Ausgangslage der Entscheidung war ein Ehepaar, das im Jahr 1972 geheiratet hatte. Im Jahr 1990 erfolgte dann die Trennung und im Jahr 2007 die Zustellung des Scheidungsantrages. Just in den 17 Jahren der Trennung war allerdings der größte Vermögenszuwachs des Ehemannes festzustellen, der in einer signifikanten Wertsteigerung von Immobilien bestand. Er war daher der Ansicht, dass es angesichts der sehr langen Trennungszeit unbillig sei, wenn der Zugewinnausgleich hinsichtlich dieser Vermögensgegenstände durchgeführt werde. Er stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach der Zugewinnausgleich ganz oder teilweise entfallen kann, wenn dem Zugewinn der innere Bezug zur Ehe fehlt.

Das Oberlandesgericht sah das anders.

Das Oberlandesgericht berücksichtigte den gesamten Vermögenszuwachs zu den beiden relevanten Stichtagen und verpflichtete den Ehemann zur Zahlung eines entsprechenden Zugewinnausgleiches.

Wesentlich verantwortlich für den Vermögenszuwachs waren dabei die Grundstücke, die zwar schon vor der Trennung vorhanden waren, allerdings erst nach der Trennung eine erhebliche Wertsteigerung erfahren haben.

Allerdings sah das Oberlandesgericht durchaus einen inneren Bezug zur Ehe. Zwar sah auch das Gericht ein, dass die ungewöhnlich lange Trennungszeit grundsätzlich zu berücksichtigen ist. Es gibt dabei Literaturmeinungen, die bei einer sehr langen Trennungszeit grundsätzlich keinen inneren Bezug mehr zur Ehe sehen, soweit in der Trennungszeit Vermögen erworben wird.

Das Oberlandesgericht sieht allerdings in der langen Trennungszeit alleine kein ausschlaggebendes Kriterium, sondern bedient sich des Juristen liebsten Instruments: der Einzelfallbetrachtung!

Es sei dabei zu berücksichtigen dass die Grundstücke schon vor der Trennung vorhanden waren und lediglich ihr Wert nach der Trennung stieg, was maßgeblich auf die Immobilienmarktentwicklung und nicht etwa auf eigene Leistungen des Mannes zurückzuführen war.

Des weiteren hatte der Mann noch bis zum Jahr 2005 die für ihn günstige gemeinsame steuerliche Veranlagung genutzt und so auch die Vorteile des Ehegattensplittings trotz der langen Trennungszeit genutzt.

Schließlich stand es dem Mann nach dreijähriger Trennungszeit ja auch frei, nach § 1385 BGB den vorzeitigen Zugewinnausgleich zu beantragen. In diesem Fall wäre der Vermögenszuwachs erheblich geringer ausgefallen.

Der Ehemann hatte es sich also letztlich selbst zuzuschreiben durch seine Untätigkeit, dass er einen derart hohen Zugewinnausgleich zahlen musste.

Es empfiehlt sich daher durchaus nach längerer Trennung, insbesondere auch nach drei Jahren abzuwägen, ob sich der vorzeitige Zugewinnausgleich lohnt.