Die derzeit noch amtierende Familienministerin Kristina Schröder hat kürzlich in einem Spiegel-Interview angekündigt, dass sie sich als Familienministerin zurückziehen werde, um mehr Zeit für ihre zweijährige Tochter zu haben. Der Spiegel betitelte das ganze mit „Frau Schröder ermuntert Frauen zum Zuhausebleiben“. Tatsächlich war ja Frau Schröder in den letzten Jahren gerade wegen ihrer als nicht zeitgemäß empfundenen Auffassungen sehr stark in der Kritik, das Betreuungsgeld, als „Herdprämie“ betitelt, dürfte sie einige Beliebtheit gekostet haben. Aber ist trotzdem diese Aussage nicht doch eine Bankrott-Erklärung an die eigene Familienpolitik?!?. Suggeriert Frau Schröder mit ihrer neuesten Aussage doch die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie? Sollte es nicht Aufgabe der Politik sein, diese Unvereinbarkeit aufzuheben und Möglichkeiten zu schaffen? Wenn dies nicht einmal der Familienministerin gelingt, wem dann?

Das eigentlich Ärgerliche an dem Interview ist allerdings etwas anderes. Frau Schröder spricht sich dagegen aus, dass Frauen kurze Zeit nach der Geburt eines Kindes wieder „Vollgas“ im Beruf geben. Angesichts des Umstandes, dass die Unterhaltsrechtsreform von Frauen allerdings genau das fordert, irritiert diese Aussage. Die rechtliche Situation sieht derzeit so aus, dass die Mutter (es kann natürlich auch der Vater sein) mit Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes verpflichtet ist, wieder zu arbeiten. Natürlich noch nicht „Vollgas“, wie es Frau Schröder nennt. In der Praxis kann aber durchaus auch mal eine vollschichtige Erwerbstätigkeit gefordert werden. Dann nämlich, wenn Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Nach dem Reformgesetz ist der Kinder betreuende Elternteil verpflichtet, Betreuungsangebote auch wahrzunehmen. Ist das Kind also in einem Ganztagskindergarten, so wird man auch eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit von der Mutter fordern. Wie lässt sich das aber mit dem Familienbild der Ministerin vereinbaren?

Nun ist natürlich der Unterschied, dass diese obige Forderung ja nur an die getrenntlebende Mutter geht. Während also die verheiratete, nicht getrenntlebende Mutter mit dem Betreuungsgeld dafür „belohnt“ wird, zu Hause zu bleiben und sich der Kindererziehung zu widmen, wird von der Mutter nach der Trennung verlangt, schnellstmöglich wieder „Vollgas“ zu geben, um selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Aus meiner Sicht ist das inkonsequent und skandalös. Der Gesetzgeber der Unterhaltsreform hat uns ein deutliches Zeichen gegeben, dass er die (auch umfangreiche) Fremdbetreuung als mit dem Kindeswohl vereinbar sieht und Frauen nicht in finanzielle Abhängigkeiten vom Partner geraten sollen. Es wäre dann nur konsequent, wenn diese Frauen von staatlicher Seite dann auch die Möglichkeiten erhalten, dies umzusetzen. Das Betreuungsgeld und Aussagen einer Familienministerin, in denen sie ganz klar dem klassischen Hausfrauenmodell den Vorzug gibt, sind da sicher nicht hilfreich.

Frau Schröder sollte sich vor Augen führen, wie sich die Situation derzeit darstellt. Nachdem Frau von der Leyen den Ausbau der Krippenplätze vorangetrieben hat, besteht für Frauen nun theoretisch die Möglichkeit, bald wieder in das Berufsleben zurückzukehren. Was angesichts dessen, dass dies von der getrenntlebenden Mutter drei Jahre nach der Geburt ohnehin gefordert wird nur sinnvoll ist, da der Wiedereinstieg in das Berufsleben zu einem früheren Zeitpunkt einfacher sein dürfte. Besucht nun das Kind einen Ganztagskindergarten bis 17:00 Uhr, so wird von der Mutter die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit gefordert. Bietet der Kindergarten die Möglichkeit einer Ganztagsbetreuung ist die Mutter auch verpflichtet, diese in Anspruch zu nehmen. Hat die verheiratete Mutter noch die Wahl, ob sie ihr Kind selbst versorgt (und dafür Betreuungsgeld erhält), so steht der getrenntlebenden Mutter diese Wahlmöglichkeit nicht mehr offen. Nimmt nun die Mutter einen Vollzeitjob an, so dürften Arbeitszeiten von 09:00 bis 18:00 mindestens die Regel sein. Eine Fremdbetreuung durch den Kindergarten ist nicht möglich, so dass also das Kind nach 8 Stunden im Kindergarten noch weitere ein bis zwei Stunden z.B. durch einen Babysitter betreut werden muss. Noch schlimmer wird es, wenn die Schule beginnt. Ist mit dem Ausbau der Krippenplätze ein wichtiger Schritt nach vorne und in die Zukunft gemacht worden, so wird die Situation mit Schulbeginn für viele Alleinerziehende katastrophal. Hortplätze mit einer Ganztagsbetreuung nach der Schule sind auch in Städten rar gesät. Alternative ist eine Ganztagsschule, die allerdings meist um 16:00 endet. Das Kind muss also wieder einige Stunden durch eine weitere dritte Person betreut werden, bevor es dann, wenn die Mutter nach der Arbeit nach Hause kommt zu Abend essen und die Hausaufgaben kontrollieren lassen kann. In einer intakten Beziehung wechseln sich heutzutage die Eltern bei der Betreuung ab, erfahrungsgemäß gelingt dies nach Beendigung der Beziehung leider nicht mehr (aus welchen Gründen auch immer), so dass ein alleinerziehender Elternteil, den die vollschichtige Erwerbsobliegenheit trifft oft großen Schwierigkeiten ausgesetzt ist.

Dies ist sicherlich nicht das Idealbild von Frau Schröder, was sie mit ihrer persönlichen Entscheidung deutlich gemacht hat. Diese Entscheidung ist auch zu respektieren. Nachdem Frau Schröder sie allerdings in einem Interview zum Politikum macht, muss sie sich hier ein weiteres Mal der Kritik aussetzen, da sie damit ihre eigene Familienpolitik demontiert. Das Betreuungsgeld suggeriert den Vorzug der Betreuung durch einen Elternteil. Das Unterhaltsrecht untergräbt dies aber. Es können nicht unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden bei verheirateten Eltern und Alleinerziehenden, da im Mittelpunkt immer das Kindeswohl steht. Es entsteht der Eindruck, dass Frau Schröder, die einer persönlichen Entscheidung eine politische Komponente gibt, dies nicht zu Ende gedacht hat. Glücklicherweise wird sie dies auch nicht mehr müssen.