Das aktuelle Unterhaltsrecht führt allseits zu großen Problemen, die im Wesentlichen darauf beruhen, dass der Gesetzgeber es versäumt hat, klare Regelungen zu schaffen. Es mag zwar grundsätzlich ein hehres Ziel gewesen sein, der Einzelfallbetrachtung mehr Raum zu geben, um so auch den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden, den jede Familie ist anders. Allerdings wurde tatsächlich nur noch mehr Verwirrung geschaffen.  Der Mandant oder die Mandantin sucht einen Anwalt auf und erwartet zu Recht eine fundierte Beratung hinsichtlich der Möglichkeiten und Chancen eines Unterhaltsverfahrens. Eine Abschätzung der reellen Aussichten eines Verfahrens ist aber kaum mehr möglich, da unzählige Faktoren zu berücksichtigen sind, beispielsweise wie die Arbeitsteilung in der Ehe war, wie viel Betreuung das Kind braucht, inwieweit der betreuende Elternteil die Doppelbelastung verkraftet etc. Eine genaue Analyse der Lebenssituation in der Ehe und nach Trennung, sowie der Tagesabläufe ist neben einer genauen Untersuchung der Persönlichkeit der Kinder nun unumgänglich. Nicht zuletzt hängt die Erfolgsaussicht auch oft stark davon ab, an welchen Richter man gerät. All das sind Faktoren, die massive Rechtsunsicherheit schaffen und in einem Rechtsstreit nicht allein ausschlaggebend sein sollten.

Der Gesetzgeber hätte sich also sicherlich klarer ausdrücken können. Zunächst versuchten einige Obergerichte, die rigide Haltung des Gesetzgebers etwas aufzuweichen, indem sie nur eine schrittweise Ausweitung der Erwerbstätigkeit der Frau unabhängig von den Betreuungsmöglichkeiten forderten. Dem hat der Bundesgerichtshof allerdings mittlerweile in mehreren Entscheidungen einen Riegel vorgeschoben und klargestellt, dass der Gesetzgeber da unmissverständlich war: Unterhalt gibt es zunächst nur bis zum dritten Lebensjahr. Nach diesem Zeitpunkt müssen alle Fremdbetreuungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Nach diesen richtet sich unter anderem eine eventuelle Erwerbsobliegenheit der Frau, wobei die Billigkeit der Verlängerung des Unterhaltes zu prüfen ist. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass der Gesetzgeber sich definitiv vom Altersphasenmodell verabschiedet hat und dieses nicht  „durch die Hintertür“ obergerichtlicher Rechtsprechung wieder eingeführt werden darf.

Aber unter welchen Umständen entspricht denn nun eine Verlängerung des Unterhaltes der „Billigkeit“? Dazu hat der Gesetzgeber die allseits (un-)beliebten kindbezogenen und elternbezogenen Gründe eingeführt.

Kindbezogene Gründe liegen vor, wenn in der Person des Kindes ein besonderer Betreuungsbedarf vorliegt, der über das übliche Maß hinausgeht. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn das Kind eine besondere Lernschwäche hat, verhaltensauffällig oder krank ist und daher einer besonderen Aufmerksamkeit des betreuenden Elternteils bedarf. Es drängt sich natürlich auf, was die Konsequenz dieser Voraussetzung ist: in den Verfahren wegen Verlängerung des Betreuungsunterhaltes wimmelt es plötzlich von außergewöhnlich auffälligen, schwierigen und besonders betreuungsbedürftigen Kindern.

Hier ist natürlich der Unterhalt fordernde Elternteil gefragt, besonders detailliert Argumente und Beweise vorzubringen. Ist das Kind etwa besonders betreuungsbedürftig (was natürlich nachgewiesen werden muss) sieht es mit einer Verlängerung des Unterhaltes nicht schlecht aus – wobei auch die Betreuungsbedürftigkeit alleine nicht ausreicht, denn es müssen ja die Möglichkeiten der Fremdbetreuung ausgeschöpft werden. Fügt sich das Kind problemlos in den Ganztagskindergarten ein, so kann es dort auch bleiben. Berücksichtigt werden dabei natürlich auch regionale Besonderheiten, da beispielsweise die Auswahl einer Ganztagsbetreuung in der Stadt ungleich einfacher sein dürfte als auf dem Land. Damit die Mutter weiter Unterhalt aufgrund kindbezogener Gründe bekommt, ist erforderlich, dass dieser Betreuungsbedarf nur durch die Mutter erfüllt werden kann.

Daneben gibt es aber auch elternbezogene Gründe, die zu einer Verlängerung des Unterhaltes führen können. Dabei handelt es sich um Umstände in der Person des betreuenden Elternteils, welche diesen daran hindern, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Selbstredend muss es sich dabei ebenfalls um außergewöhnliche Umstände handeln. Allein die Doppelbelastung als berufstätige Alleinerziehende dürfte in den seltensten Fällen ausreichend sein, wobei auch da der Einzelfall zu betrachten ist. Einer Mutter mit vier kleinen Kindern wird sicherlich noch eher Unterhalt über das dritte Lebensjahr des jüngsten Kindes hinaus gewährt als einer Mutter mit nur einem Kind, da im ersten Fall die Doppelbelastung durchaus ein Ausmaß erreichen kann, welches über das Übliche hinausgeht.

Es muss also genau hingesehen und vor allem im gerichtlichen Verfahren auch ausführlichst argumentiert werden. Viel Papier wird in diesen Verfahren in der Regel beschrieben. Von Vereinfachung der Rechtsanwendung keine Spur!

Es liegt auf der Hand, dass die gesetzliche Regelung unglücklich geraten ist. Es ist aber mitnichten so dramatisch, wie in der Presse vielfach dargestellt, dass der Unterhalt immer mit dem dritten Lebensjahr des Kindes automatisch endet. Aber die Frage einer Mandantin, ob sie denn noch länger Unterhalt erhalten kann, muss heutzutage mit einem klaren „das kommt darauf an“ beantwortet werden, was natürlich wenig Freude bei den Betroffenen hervorruft.

Unabhängig ist dies alles übrigens vom Familienstand. Die Regeln zum Betreuungsunterhalt gelten für die verheiratete und nicht verheiratete Mutter in gleicher Weise.

Zu berücksichtigen ist nur, dass die nicht verheiratete Mutter grundsätzlich angehalten ist, vorrangig ihren Vermögensstamm zu verwerten, um ihren Unterhaltsbedarf zu decken, bevor sie Unterhalt bekommt. Man erwartet also von der nicht verheirateten Mutter ein Stückchen mehr Eigenverantwortung, was natürlich auch daran liegt, dass die Partizipation an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Mannes, die – zumindet zeitweise – Beibehaltung des Lebensstandards und die nacheheliche Solidarität bei der nicht verheirateten Mutter entfällt.

Allerdings gilt auch dies nicht uneingeschränkt. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die verheiratete Ehefrau neben dem Betreuungsunterhalt auch einen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt hat. Des Weiteren wird der Nachteil, den sie dadurch hat, dass sie Hausfrau und Mutter war und keine angemessene Altersvorsorge aufbauen konnte, durch den Versorgungsausgleich teilweise aufgefangen. Diese Möglichkeiten stehen der nicht verheirateten Mutter, die möglicherweise ebenfalls ihre Berufstätigkeit über längere Zeit zu Gunsten der Kindererziehung aufgegeben hat, nicht zu.

Hinsichtlich der Altersvorsorge ist bei der nicht verheirateten Mutter grundsätzlich also mehr Eigenverantwortung gefragt. Daher darf der nicht verheirateten Mutter auch zur Sicherung der Altersvorsorge ein angemessener Teil ihres Vermögensstammes verbleiben, so dass sie diesen nicht zur Deckung ihres Bedarfs einsetzen muss, sondern stattdessen Unterhalt fordern kann.

Im Ergebnis hat sich das neue Gesetz noch nicht sehr beliebt machen können. Definitiv stehen die Kinder betreuenden Frauen heute schlechter da als vor der Reform.

Die Situation ist allerdings auch nicht ganz so dramatisch, wie oft in der Öffentlichkeit dargestellt. Der Gesetzgeber schließt eine Verlängerung des Unterhaltes nicht aus, er knüpft ihn nur an strenge Bedingungen.