Das Zusammenspiel von Unterhaltsansprüchen und sozialen Leistungen bei getrenntlebenden Ehegatten ist für den  Anwalt im Familienrecht in der Praxis immer wieder mit Unsicherheiten verbunden.

Kein Problem stellt es dar, wenn beide Ehegatten nicht leistungsfähig sind und eventuell sogar beide öffentliche Hilfeleistungen beziehen. Dann ist weder Unterhalt zu zahlen, noch ist ein Rückgriff des öffentlichen Leistungsträgers möglich.

Man ist als Familienrechtsanwalt allerdings oft mit der Situation konfrontiert, dass z.B. nur die unterhaltsberechtigte Frau Hartz-IV-Leistungen erhält und/oder für die Kinder Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz. Hier stellt sich dann die Frage, ob und inwieweit daneben noch Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden können.

Widmen wir uns zunächst der Ausgangssituation, dass die unterhaltsberechtigte Frau (kann natürlich auch der Mann sein) Hartz-IV-Leistungen erhält.

Geregelt ist das sogenannte Arbeitslosengeld II (ALG II) im SGB II. Danach beträgt die Regelleistung für Alleinerziehende € 364,00 und für jedes weitere Kind € 275,00. Darüber hinaus werden angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung erstattet.

Natürlich hat der Staat nichts zu verschenken, so dass durchaus der Grundsatz gilt, dass der öffentliche Hilfeträger versucht, seine ausgezahlte Leistung erstattet zu bekommen. Hierzu bestimmt § 33 SGB II den Übergang der Ansprüche. Sowohl der gesetzliche Unterhaltsanspruch des getrenntlebenden Ehegatten als auch der Auskunftsanspruch gehen auf den öffentlichen Leistungsträger über, und zwar bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen. Dies ist allerdings der entscheidende Nebensatz. Denn nur in Höhe der ausgezahlten ALG-II-Leistungen geht ein Anspruch über.

Es stellen sich immer wieder Anwälte oder auch der öffentliche Leistungsträger auf den Standpunkt, dass weder eine Zahlung noch eine Auskunft geschuldet ist ab dem Zeitpunkt des Übergangs. Dieser Übergang wird durch ein Schreiben des Leistungsträgers an den Verpflichteten bekanntgegeben.

Dies ist allerdings meiner Ansicht nach nicht zutreffend. Denn das Gesetz bestimmt ausdrücklich, dass beide Ansprüche (Auskunft und Zahlung) nur in Höhe der ALG-II-Leistungen übergehen. Nun kann es ja durchaus sein, dass der Verpflichtete leistungsfähig ist für Zahlungen, die der Höhe nach über das Arbeitslosengeld II hinausgehen. Dies kann allerdings nur durch eine förmliche Auskunft festgestellt werden. Der Berechtigte hat daher in jedem Fall unabhängig vom Anspruchsübergang auf den Sozialträger immer einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten. Wenn also manchmal Anwälte für ihren Mandanten zu einem Auskunftsersuchen Stellung nehmen und lapidar erklären, dass die Auskunft bereits gegenüber dem öffentlichen Träger erklärt wurde, so muss das nicht hingenommen werden.

Falls sich nach der Auskunft allerdings herausstellt, dass der Verpflichtete nicht oder nur bis zur Höhe der ausgezahlten ALG-II-Leistungen leistungsfähig ist, so kann der Berechtigte selbst keine weiteren Ansprüche mehr geltend machen, da diese auf den Leistungsträger übergegangen sind. Der Verpflichtete darf auch keine Zahlungen mehr direkt an den Berechtigten leisten und der Berechtigte sollte auch keine Zahlungen vom anderen Ehegatten annehmen, da dies eventuell zu einem Anspruch des Leistungsträgers auf Rückzahlung führen kann.

Wie sieht es nun beim Unterhaltsvorschuß aus? Kinder, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und bei einem alleinerziehenden Elternteil leben, haben Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz.

Die Höhe der Leistungen beträgt derzeit für Kinder unter 6 Jahren € 133,00 monatlich und für Kinder, die älter als 6 Jahre alt sind € 180,00 monatlich. Auch hier gilt nach § 7 UVG ein Anspruchsübergang auf den Leistungsträger kraft Gesetzes in Höhe der ausgezahlten Leistungen. Auch der Auskunftsanspruch geht auf die Unterhaltsvorschußkasse über.

Nicht selten bekommt man auch beim Kindesunterhalt von der Gegenseite zu hören, dass die eigene Mandantin oder der eigene Mandant ja gar nicht mehr zur Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüchen berechtigt sei, da der diesbezügliche Anspruch auf die Unterhaltsvorschußkasse übergegangen ist.

Auch das ist allerdings nicht ganz richtig. Denn laut der Düsseldorfer Tabelle beträgt der Zahlbetrag des Mindestkindesunterhaltes in der ersten Altersstufe € 225,00 und in der zweiten Altersstufe € 272,00, also in jedem Fall € 92,00 mehr als die Unterhaltsvorschußkasse auszahlt. Schon allein in Höhe dieser € 92,00 hat das unterhaltsberechtigte Kind einen Anspruch sowohl auf Auskunft als auch auf Zahlung.

In dieser Höhe kann daher der Unterhaltsanspruch auch gerichtlich geltend gemacht werden. Es gibt die Möglichkeit, den gesamtes Mindestunterhalt geltend zu machen und im Antrag ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Unterhalt vom Kind oder dem ihn vertretenden Elternteil nur in Höhe des überschießenden Betrages zur Hilfeleistung vollstreckt wird. Am Ende erhält man dann einen Unterhaltstitel über den gesamten Unterhalt.

Problematisch ist hierbei meiner Ansicht nach, dass die Sozialträger  sich meist anschließend sofort den Titel aushändigen lassen, um dann eine „Titelteilung“ vorzunehmen, also den Unterhaltstitel aufzuspalten in die Ansprüche des Leistungsträgers und des Unterhaltsberechtigten. In diesem Fall wird der Unterhaltsberechtigte, der seine Rechte verfolgte sozusagen zum Handlanger des Leistungsträgers und verschafft diesem ohne größeren Aufwand (für den Leistungsträger) einen vollstreckbaren Titel.

Es gäbe natürlich auch die Möglichkeit, den Anspruch lediglich in Höhe des nicht übergegangenen Teils (beim Kindesunterhalt also € 92,00) geltend zu machen und sich diesbezüglich einen Titel zu schaffen. Ärgerlich ist dabei allerdings die Praxis der Leistungsträger zumindest im Raum München. Obwohl meiner Ansicht nach dieses Verfahren nichts mit dem Leistungsträger zu tun hat, da es ausdrücklich den überschießenden Teil betrifft, beziehen sich die Leistungsträger hier auf den Anspruchsübergang und fordern bei Zahlung des Verpflichteten an den Berechtigten die Weiterleitung der gezahlten Beträge, wenn vom Verpflichteten noch keine Zahlungen an den Leistungsträger erfolgt sind. Dieses Vorgehen ist meiner Ansicht nach rechtswidrig und auch vom Gesetz in keiner Form gestützt, allerdings ist es hierzulande ein durchaus übliches Vorgehen der Leistungsträger, die es aus welchen Gründen auch immer versäumen, selbst rechtzeitig einen Titel zu schaffen.

Zu beachten ist bei einem gerichtlichen Vorgehen, dass der Anspruch für die Zukunft in voller Höhe geltend gemacht werden kann, da ja nur die ausgezahlten Leistungen auf den Leistungsträger übergehen und dies somit nur die vergangenen Ansprüche betrifft. Das bedeutet, dass künftige Zahlungen an den Hilfeempfänger und Unterhaltsberechtigten befreiende Wirkung haben.

Man sollte auch berücksichtigen, dass der Leistungsträger beim Unterhaltsverpflichteten nur Rückgriff nehmen kann, soweit dieser leistungsfähig ist. Überhaupt ist die Bedarfsrechnung im Sozialrecht eine andere als im Unterhaltsrecht, so findet z.B. weder beim Berechtigten noch beim Verpflichteten eine Anrechnung fiktiven Einkommens statt.

Unterhaltsvereinbarungen wie ein Unterhaltsverzicht wirken nicht gegen die öffentlichen Leistungsträger, da aufgrund des Anspruchsübergangs nicht mehr über die vergangenen Ansprüche verfügt werden kann und hinsichtlich der künftigen Ansprüche eventuell ein Vertrag zu Lasten Dritter vorliegt.